The Outrun |  UK 2024 | E | 117 Minuten

Regie, Drehbuch: Nora Fingscheidt, Amy Liptrot
Mit: Saoirse Ronan, Paapa Essiedu, Saskia Reeves…
Musik: John Gürtler, Jan Miserre

 

Nora Fingscheidt hat sich mit ihrem neuen Film an die Memoiren der schottischen Autorin Amy Liptrot gewagt. Gespielt wird diese von einer herausragenden Saoirse Ronan.

Auf den Orkney-Inseln – einem zu Schottland gehörenden Archipel – heisst es einer alten Legende nach, dass sich die Ertrunkenen in Seehunde verwandeln. Nachts werden sie wieder zu Menschen und tanzen entlang der Küste nackt im Mondschein. Bei Sonnenaufgang zieht es sie ins Wasser zurück. Es kann aber auch sein, dass sie in ihren menschlichen Körpern gefangen bleiben. Doch an Land können sie niemals glücklich werden, denn sie gehören ins Meer.

Die deutsche Regisseurin Nora Fingscheidt verzichtet klugerweise darauf, den alleinigen Ursprung von Ronas Alkoholismus in deren Kindheit zu suchen. Vielmehr skizziert sie in der Adaption des Romans von Co-Drehbuchautorin Amy Liptrot einen schleichenden Absturz, der unzählige Gründe kennt. Zwar mögen die Sprünge in Ronas Vergangenheit zeitlich wahllos erscheinen. Doch damit macht Fingscheidt die Orientierungslosigkeit ihrer Figur auch auf der visuellen Ebene erfahrbar.

The Outrun ist gleichzeitig Traum und Albtraum. Unter die kompromisslose Authentizität mischen sich historische Schwarzweissbilder und animierte Sequenzen. Alles ist jedoch von derselben Sehnsucht getragen, die sich in Ronas Gesicht widerspiegelt. Saoirse Ronan stellt sie mit der Kraft einer entfesselten Naturgewalt dar. Fingscheidt lässt sie – wie schon in ihrem Debüt-Spielfilm Systemsprenger Helena Zengel – förmlich explodieren, übervoll an Energie, Emotionen und Facetten.

Als Rona sagt, dass sie ohne den Alkohol niemals glücklich sein wird, ist das ein erschütternder Moment. Sie ist ein Seehund, der ins Meer gehört. Man wünscht ihr, dass sie die Freiheit, die sie im Alkohol zu finden glaubt, letztlich in sich selbst findet.

Trailer: The Outrun